Raketen statt Weizen, Worte statt Ringtausch

Dr. Zbigniew Wilkiewicz

Die Unterschriften unter den beiden Abkommen über den Abtransport der gewaltigen ukrainischen Weizenreserven aus den Schwarzmeerhäfen Odessa, Tschornomorsk und Juschne sowie den ungehinderten, sanktionsfreien Export russischen Weizens haben in den letzten Stunden bei vielen Menschen auf der ganzen Welt, besonders aber bei jenen, die vor einer akuten Hungerkatastrophe stehen, große Hoffnungen geweckt. Die sich quasi abzeichnende Lösung, die nach zähen Verhandlungen der UN und der Türkei mit den Repräsentanten Russlands und der Ukraine zustande kam, ist indes nach nur einem einzigen Tag höchstwahrscheinlich wieder Makulatur. (Reinhard Veser: Der Weg zur heiklen Einigung. In: FAZ, 23.07.22, S. 3)

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Strategische Ziele klar benennen

Dr. Zbigniew Wilkiewicz

Auch die Bundesregierung und der Bundeskanzler werden nicht darum herumkommen, in dem gerade wieder mit besonderer Intensität tobenden Ukrainekrieg ihre strategischen Ziele klarer zu benennen. Bisher hat Bundeskanzler Scholz auf Ambiguität gesetzt, indem er vage Hoffnungen und Erwartungen formulierte. Jetzt ist er ganz verstummt, denn nun droht Putin mit der Einstellung sämtlicher Gaslieferungen und setzt Europa, besonders aber die Bundesrepublik, unter immensen Druck. Die Sorgen werden größer und man wird sich europaweit weiter wappnen müssen. Allerdings war das, was jetzt wahrscheinlich kommt, vorauszusehen.

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Waffenstillstand jetzt?

Dr. Zbigniew Wilkiewicz

Es ist schon beachtlich, wie beharrlich sich prominente deutsche Intellektuelle in einem Abstand von zwei Monaten sehr öffentlichkeitswirksam mit offenen Briefen an den deutschen Bundeskanzler und an die deutsche Öffentlichkeit wenden, um für Gespräche mit Putin und zuletzt für einen „Waffenstilstand jetzt“ zu werben. War der in der „Emma“ abgedruckte offene Brief schon Anlass für eine äußerst lebhafte Debatte, so wurde dem in „Die Zeit“ abgedruckten Text, der wiederum von Juli Zeh, Harald Welzer, Christoph Menke und anderen unterzeichnet wurde, ebenfalls relativ viel Aufmerksamkeit geschenkt. Immerhin erreicht „Die Zeit“ eine breite Leserschaft liberaler Bildungsbürger und verfügt so über einen nicht geringen meinungsbildenden Einfluss in der Mitte der bundesrepublikanischen Gesellschaft. Es ist also nicht nur die NATO-feindliche Linke und die Putin-affine AFD, die die Beschlüsse der Gipfel der EU, der G7 und der NATO, auf denen die Position der Ukraine deutlich gestärkt wurde, kritisieren, sondern es sind namhafte deutsche Intellektuelle, die mit ihrem in „Die Zeit“ veröffentlichten Ruf nach dem „Waffenstillstand jetzt“ dem Kriegstreiber Putin in die Karten spielen.

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Unlocking Memories – Remembering the Past, Shaping the Future

Deutsch-griechisch-italienische Jugendbegegnung

Das Gesamteuropäische Studienwerk freut sich sehr, den trinationalen Jugendaustausch „Unlocking Memories“ endlich fortsetzen zu können. Im Mittelpunkt stehen dabei die Themen Nationalismus, Faschismus und Erinnerungsdiskurse im 21. Jahrhundert. Das Projekt wird großzügig gefördert mit Mitteln des Erasmus+ Programms und des Deutsch-Griechischen Jugendwerks. Geplant sind zwei Veranstaltungen: die erste vom 11. bis 18. August 2022 in Vlotho, die zweite vom 19. bis 26. November 2022 in Ioannina, Griechenland.

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EU-Beitrittskandidatur – und dann?

Zbigniew Wilkiewicz

Ja, wir erinnern uns noch, was der Auslöser für den Majdan, den Machtwechsel in Kiew und die Besetzung der Krim sowie den acht Jahre währenden Krieg im Donbass war. Der nicht zustande gekommene Assoziationsvertrag der EU mit der Ukraine, dessen Abschluss Moskau mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln – inklusive Krieg und Annexion – zunächst unterbunden hat. Gegenwärtig führt Putin nun einen rücksichtslosen Vernichtungskrieg und geht mit offener und brachialer Gewalt gegen eine weitere Integration der Ukraine in westliche Strukturen vor.

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Wie umgehen mit Putin?

Zbigniew Wilkiewicz

Der russische Vernichtungskrieg in der Ukraine währt schon über 100 Tage. Putin hat bisher keines seiner strategischen Ziele erreicht. Selbst im Donbass, der seit über einem Monat unter Dauerbeschuss steht, kommen die russischen Einheiten nur langsam voran. Im Süden, im Gebiet um Cherson, sind sie sogar wieder zurückgedrängt worden. Gleichwohl lässt Putin nicht von seinen aberwitzigen Kriegszielen ab. Ins Visier genommen werden nicht nur die unter permanenten schweren Artillerieattacken stehenden Bezirke Donezk und Lugansk, angestrebt wird nicht nur die vollkommene Beherrschung der Schwarzmeerküste und die Restitution des einst von Katharina der Großen eroberten Neurussland, sondern die Wiederherstellung der Einflusssphäre des Russischen Imperiums, wie sie nach Beendigung des Zweiten Weltkriegs durch die Siegermächte festgelegt wurde.

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Weder Sieger noch Verlierer

Dr. Zbigniew Wilkiewicz

Bis vor kurzem schien ein militärischer Sieg der Ukraine gegen Russland unvorstellbar. Für die meisten Beobachter, selbst für die in der Regel am besten informierten amerikanischen und britischen Dienste, war es überraschend, dass die ukrainische Armee den russischen Angriff auf Kiew zurückzuschlagen konnte.

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„Böse Geister“ – Fjodor M. Dostojewskij

Dr. Gerhard Schüsselbauer

Keine Wegspur, nichts zu sehen,
wissen wir noch, wo wir sind?
Böse Geister, scheint es, drehen
uns im Kreis, im Wirbelwind.“

– Alexander S. Puschkin

Was für ein Erlebnis! „Böse Geister“, den schon vor 150 Jahren erschienenen monumentalen Roman von Fjodor M. Dostojewski sollte man unbedingt erneut lesen und wird dabei Parallelen feststellen, die ihresgleichen suchen. Besonders interessant ist zudem, dass Swetlana Geier, die geniale Übersetzerin, 1923 ausgerechnet in Kiew geboren wurde und schon 1943 ins damalige Deutsche Reich kam. Ihr Vater starb 1939 nach der Folter in den grausamen Jahren der stalinistischen Säuberung. Sie lebte bis zu ihrem Tod 2010 in Freiburg im Breisgau und hat in über 20 Jahren Arbeit alle großen Werke Dostojewskis neu übersetzt, darunter „Die Brüder Karamasow“, „Verbrechen und Strafe“, „Der Idiot“, „Der grüne Junge“ und eben „Böse Geister“, dessen anderer Titel einer früheren Übersetzung „Die Dämonen“ ist.

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Und am 9. Mai?

Dr. Zbigniew Wilkiewicz

Ja, den symbolträchtigen Gedenktag des Sieges über Nazi-Deutschland, der in Moskau traditionell mit einer großen Militärparade begangen wird, erwartet die Weltöffentlichkeit mit großer Spannung. In der Tat gibt es ganz unterschiedliche Erwartungen und Hoffnungen. Wie pompös die Waffenschau, für die schon seit Tagen geübt wird, ausfällt, bleibt abzuwarten, viel wichtiger ist, was der oberste russische Kriegsherr im Kontext des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine, der offiziell noch immer verharmlosend als „Spezialoperation“ bezeichnet wird, zu verkünden hat. Internationale Gäste werden am 9.Mai zur Siegesparade in Moskau indes nicht erwartet. Die Reputation Russlands als „Befreier vom Faschismus“ und als „Friedensmacht“ hat in der Putin-Ära erheblich gelitten, durch den verbrecherischen Vernichtungskrieg in der Ukraine ist sie zu einer hohlen Propagandaphrase degradiert worden.

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Kein deutscher Sonderweg

Dr. Zbigniew Wilkiewicz

Kaum hat sich der Deutsche Bundestag nach langem Hin und Her und großen Irritationen bei der Ampel und der Opposition zur Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine entschlossen, schon melden sich 28 deutsche Prominente (Alice Schwarzer, Martin Walser, Alexander Kluge, Gerhard Polt, Juli Zeh u.a.), die den Bundeskanzler eindringlich davor warnen, sog. schwere Waffen in die Ukraine zu liefern, da sich damit die Weltkriegsgefahr erheblich erhöhen könnte. Die Ukraine wird in diesem offenen Brief indirekt aufgefordert, einen Kompromiss mit Putin zu schließen, sich also faktisch zu ergeben, um weiteres Blutvergießen zu vermeiden.

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