Zukunft des „Lebenslangen Lernens / Lifelong Learning“

Dr. Gerhard Schüsselbauer

Mit der Realität der Covid-19-Pandemie sowie dem permanenten Trend der Globalisierung und der kommunikativen Verflechtungen wird lebenslanges Lernen immer wichtiger. Bildung ist in ihren Aufgaben und Formen so vielfältig geworden, dass sie alle Aktivitäten umfassen muss, die es den Menschen von der Kindheit bis ins hohe Alter ermöglichen, ein lebendiges und kritisches Wissen über die Welt, über andere Menschen und sich selbst zu erwerben.

Verstärkt wird heute auch über politische Demokratiebildung im Kindesalter gesprochen. Diversität, Toleranz und Kinderrechtsbildung sind wichtige Aspekte der Bildung im Kindesalter, um Kinder und junge Jugendliche stärker an demokratischen Prozessen zu beteiligen.

Lebenslanges Lernen umfasst die individuelle und soziale Entwicklung in völlig verschiedenen Umgebungen – formal in Schulen, Berufsschulen, Hochschulen und Jugend- sowie Erwachsenenbildungseinrichtungen sowie non-formal, zu Hause, am Arbeitsplatz und lokal vor Ort. Dieser Ansatz ist systemübergreifend und konzentriert sich auf die Standards von Wissen und Fähigkeiten, die von allen, unabhängig vom Alter, benötigt werden. Er betont die Notwendigkeit, alle Kinder frühzeitig auf das lebenslange Lernen vorzubereiten und zu motivieren, und richtet die Bemühungen darauf aus, dass alle Erwachsenen, ob erwerbstätig oder arbeitslos, die sich umschulen oder ihre Kenntnisse und Fähigkeiten verbessern müssen, die Möglichkeit dazu erhalten. Jugend- und Erwachsenenbildung und lebenslanges Lernen für junge sowie erwachsene Menschen umfasst die Gesamtheit der organisierten Bildungsprozesse, unabhängig von Inhalt, Niveau und Methode, ob sie formal oder non-formal sind, ob sie die Erstausbildung in Schulen, Hochschulen oder Universitäten sowie in der Berufsausbildung verlängern oder ergänzen. Subjekt der Bildungsprogramme sind Personen, die ihre Aktivitäten entwickeln, ihr Wissen bereichern, ihre technischen und beruflichen Qualifikationen verbessern oder sie in eine neue Richtung lenken und Änderungen in ihren Einstellungen oder ihrem Verhalten in der doppelten Perspektive der persönlichen Entwicklung und der Teilnahme an einer ausgewogenen und unabhängigen sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung bewirken (so die UNESCO-Empfehlung zur Entwicklung der Erwachsenenbildung).

Gegenwärtige und zukünftige Herausforderungen im Hinblick auf lebenslanges Lernen sind:

a) Der institutionelle Rahmen muss an die gegenwärtigen und zukünftigen Herausforderungen der Globalisierung und die steigende Bedeutung sozialer Kompetenz im Umfeld einer postindustriellen Informationsgesellschaft angepasst werden. Neben Ideen und Technologien müssen auch Humanressourcen und Humankapital weiterentwickelt werden. Die Einrichtung von Lernzentren in der Digitalisierung und eine verbesserte digitale Bildung für Kinder, Jugendliche, Erwachsene und kleine Unternehmen werden nicht nur wegen der Auswirkungen der Covid-19-Pandemie zu einer wichtigen Aufgabe und einem entscheidenden Schritt, um den oben genannten Herausforderungen zu begegnen.

b) Programme der Jugend- und Erwachsenenbildung müssen die vielfältigen Probleme berücksichtigen, die sich aus veralteten Strukturen der Unterversorgung mit Bildungsprogrammen, administrativen Zwängen und der kontinuierlichen Umgestaltung ergeben, um den Anforderungen eines sich rasant verändernden Umfelds in den Arbeits- und Sozialbeziehungen gerecht zu werden.

c) In einem kulturellen Kontext stehen lebenslanges Lernen und Bildung vor der Herausforderung, dass Bildungsprogramme nicht mehr nur eine individuelle Dimension haben, sondern die Förderung von Individuen in einem interpersonellen oder sogar multipersonellen und vor allem multikulturellen Kontext betont werden muss. Politische, soziale und vor allem kulturelle Beziehungen spielen eine große Rolle, um die Bedeutung von Bildung als einem komplexen kognitiven Geflecht anzuerkennen, das über das bloße Auswendiglernen und Memorieren von reinen technischen Fakten hinausgeht.

d) Alle postindustriellen Gesellschaften stehen wie andere entwickelte OECD-Länder auch vor den Herausforderungen der sogenannten „Dritten Revolution“ durch die explosionsartige Zunahme der Internetnutzung und der Bedeutung der Sozialen Medien. Soziale Bindungen, Bildungsprogramme, Arbeits- und Beschäftigungsverhältnisse und vor allem die kognitiven und wahrnehmungsbezogenen Veränderungen müssen zwangsläufig die beschleunigten Transformationen in der Arbeits- und Beschäftigungswelt berücksichtigen. Die Covid-19-Pandemie und ihre Auswirkungen beschleunigen diese Prozesse in einem bislang nicht dagewesenen Ausmaß.