Die schlechteste aller Regierungsformen: Aufgeschnappt KW 10

[ms] Als schlechteste aller Regierungsformen bezeichnete Winston Churchill die Demokratie – abgesehen von allen anderen. In den Debatten um den aktuellen Wandel im Machtgefüge der deutschen Parteienlandschaft wird mit Vorliebe der hehre Begriff der Demokratie als Schlagwort benutzt, und zwar von allen Seiten: So bezeichnen Politiker der CDU hier und der SPD hier die AfD als „demokratiefeindlich“, die AfD kontert hier damit, Akteuren anderer Parteien ein „seltsames Demokratieverständnis“ zu unterstellen. Darin zeigt sich nur, dass über den eigentlichen Gegenstand zu wenig gesprochen wird, denn ganz offenbar handelt es sich um unterschiedliche Vorstellungen davon, was Demokratie überhaupt ist und sein soll. Der Arbeitskreis deutscher Bildungsstätten (AdB) formulierte denn auch im Rahmen seiner letzten Jahrestagung bereits das Problem der „Krise der repräsentativen Demokratie“. Unser #aufgeschnappt dreht sich deswegen diese Woche um Beiträge zu Begriff und Herausforderung der Demokratie.

Bereits im Mai 2012 skizzierte Bundestagspräsident Norbert Lammert in einer Publikation der Konrad-Adenauer-Stiftung zur „Zukunft der Demokratie“ einen grundsätzlichen gesellschaftlichen Vertrauensverlust, der das demokratische System auf die Probe stellt. Diskrepanzen zwischen der Theorie des demokratischen Staatsaufbaus und der politischen Realität in der Bundesrepublik thematisiert er ebenso wie die Reibungen zwischen Vorstellungen von direkter und repräsentativer Demokratie. Die kluge Analyse gibt auch zu bedenken, dass Demokratie womöglich am meisten dann eines aktiven Schutzes bedarf, wenn sie für selbstverständlich erachtet wird.

Bastian Berbner, Tanja Stelzer und Wolfgang Uchatius gehen sind für die Zeit in dem Artikel „Zur Wahl steht: Die Demokratie“ dem nachgegangen, wie sich die Demokratie seit ihren vielbeschworenen attischen Wurzeln entwickelt hat. Im Hinblick auf die Präsenz populistischer Kräfte in Europa heute scheint dabei das Phänomen der Elitenbildung eine ausgeprägte Rolle zu spielen. Wie kann man dafür sorgen, dass die Demokratie wieder als Herrschaft des Volkes begriffen wird und das Misstrauen gegenüber (Berufs-)Politiker_innen sich legt? Die Demokratiegeschichte gibt eine interessante Antwort, deren Umsetzung man in Irland beobachten kann.

Unterdessen gibt es auch solche Positionen, die einen Wert des Populismus für die Demokratie formulieren – indem er die etablierte Politik zur Auseinandersetzung mit den eigenen Positionen zwingt, Kritik übt und Aufklärung einfordert. Der Politikwissenschaftler Florian Hartleb hat dieses Thema für die Bundeszentrale für politische Bildung bereits vor einigen Jahren hier ausführlich debattiert. Aus unterschiedlichen politischen Perspektiven kommentieren es in jüngerer Vergangenheit Alexander Grau im Cicero („Populistischen Antipopulismus“) und Henrik Müller im Spiegel („Demokratie braucht Populismus“).

Wir stellen jeden zweiten Montag in der Kategorie „Aufgeschnappt“ mehr oder weniger aktuelle Fundstücke aus dem Netz vor, die für die politische Bildung interessant sind. Hinweise auf Artikel, die in diese Reihe gehören, können uns über unseren Twitteraccount @gesw_vlotho gerne mitgeteilt werden.