von Manfred Sellmayer
„Zeichen gegen Rassismus setzen“, „8000 zeigen, wie bunt Münster ist“, „Gesicht gezeigt“, „Beten für Toleranz“ – so lauteten die Titel der Artikel in den Westfälischen Nachrichten, in denen zur Teilnahme an der Protestdemonstration gegen den Neujahrsempfang der AfD in Münster aufgerufen bzw. in denen der Erfolg dieser Aktion gefeiert wurde. Gemeinsam war allen Berichten, dass ausschließlich Protestbefürworter zu Wort kamen, die eine Vielzahl von Negativattributen zur AfD anführten, wobei sich die Skala von „demokratiefeindlich“, „rechtspopulistisch und „rechtsextrem“ über „antieuropäisch“, „nationalistisch“ und „fremdenfeindlich“ bis hin zu „rassistisch“ und „sexistisch“ erstreckte. Mehrfach wurden Verbindungen zu „Nazis“ gezogen: „AfD wählen hat so was von 1933“ – so ein Plakat von vielen. Wer in der Berichterstattung auch eine Stellungnahme der AfD lesen wollte, wurde enttäuscht.
Ein kleines Beispiel nur aus dem politischen Alltag unserer Republik, das aber paradigmatisch grundsätzliche Fragen aufwirft:
Sollte man nicht in einem demokratischen, pluralistischen Staat von allen Medien erwarten, dass keiner Partei des politischen Spektrums die Teilnahme an der Öffentlichkeitsdarstellung entweder verweigert oder nur sehr eingeschränkt gestattet wird? Ist eine einseitige Anti-Positionierung hilfreich für eine konstruktive Auseinandersetzung oder evoziert sie Gegenreaktionen, die Gräben nicht zuschütten, sondern vertiefen? Und wird so nicht die große Chance vertan, den Wahrheitsgehalt der „Schlagwort-Begrifflichkeit“ zur Negativkennzeichnung des politischen Gegners kritisch zu prüfen und Denkstereotypen zu überwinden, um eine differenziertere Sicht und begründete Urteile zu ermöglichen?
Gerade jetzt, wo die Migrationspolitik der Bundesregierung immer kritischer diskutiert wird, ist eine faktisch zutreffende und ausgewogene Informationsvermittlung in allen Medien grundlegend notwendig für eine fundierte Meinungsbildung. Wer sich diesem Anspruch verweigert, muss sich den Vorwurf tendenziösen und manipulativen Vorgehens gefallen lassen.
Fairness im Umgang mit dem politischen Gegner muss hinzukommen, damit die demokratische (Streit-)Kultur nicht weiterhin auf der Strecke bleibt. „Audiatur et altera pars“, verlangte schon Senator Cato im alten Rom. „Gehört werde auch die andere Seite.“
[Alle Zitate sind den genannten Artikeln in den „Westfälischen Nachrichten“ Münster vom 10. und 11.02.17 entnommen.
Zur Lektüre empfohlen: „Meinungsfreiheit muss für alle gelten“ von Alexander Grau]
Manfred Sellmayer ist Mitglied im Vorstand des GESW.